Hamburg Programm am 6. und 7. Mai 2023
2 Tage - 16 Veranstaltungen
Samstag, 6. Mai 2023
Spurensuche jüdischen Lebens in der Kielortallee - Alltag und Verfolgung
Samstag, 11 – 12: 30 Uhr Rundgang
Treffpunkt vor dem IGdJ, Beim Schlump 83, 20144 Hamburg-Eimsbüttel
Einst gab es in der Kielortallee ein reges jüdisches Leben. Heute erinnern Stolpersteine an die jüdischen Hamburger*innen, die hier vor der systematischen Entrechtung, Ausgrenzung und Verfolgung der Nationalsozialisten lebten. Die Lebensgeschichten und Leidenswege der früheren Bewohner*innen erzählt Heike Pannwitt von der Stolpersteinbiographiegruppe Hamburg in einem anderthalbstündigen Rundgang an den Stolpersteinen, Orten ehemaliger Synagogen und Wohnstiften.
Anmeldung bis zum 5.Mai unter: heike.pannwitt@gmail.com
August Hein & Adolph Kummernuss – als Gewerkschafter und Sozialdemokraten verfolgt
Samstag, 11 Uhr Vortrag & Gespräch
KLUB des Gewerkschaftshauses, Besenbinderhof 62, 20097 Hamburg- St. Georg
„Dies Haus soll unsere geistige Waffenschmiede sein.“ Mit den Worten wurde das Hamburger Gewerkschaftshaus 1906 eröffnet. 1933 wurde es gestürmt. Die Vorstandsmitglieder kamen in Haft. An die Gewerkschafter und Sozialdemokraten August Hein und Adolph Kummernuss erinnern der Historiker und stellvertretende Vorsitzende des „Arbeitskreises der ehemals verfolgten und inhaftierten Sozialdemokraten“ Dr. Holger Martens und Wolfgang Rose, langjähriger Landesbezirksleiter der Gewerkschaft ÖTV und SPD-Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft.
Hier lebte und engagierte sich Ida Dehmel
Samstag, 13 Uhr Gespräch & Besichtigung
Dehmelhaus, Richard-Dehmel-Straße 1, 22587 Hamburg-Blankenese
Ida Dehmel (1870 - 1942), Ehefrau und Muse des bekannten Dichters Richard Dehmel (gest. 1920), wird ab 1933 aufgrund ihrer jüdischen Abstammung gezwungen, ihr öffentliches Engagement einzustellen. Trotz der Bedrohung steckt sie ihre ganze Kraft in den Erhalt des gemeinsamen Wohnhauses als einen Erinnerungsort für das Vermächtnis ihres Mannes. Auch dank ihres Netzwerkes gelingt ihr dies, bis sie sich im Jahr 1942, entkräftet und krank, das Leben nimmt. Die Dehmelhaus-Stiftung lädt ein zum Gespräch über Ida Dehmels Jahre in Blankenese und zur Besichtigung der originalen Wohnräume.
Hier gegenüber wohnte Irma Sperling mit ihrer Familie
Samstag, 14 Uhr Erzählung & Gespräch
Restaurant Tunici, Adolph-Schönfelder-Straße 49, 22083 Hamburg- Barmbek
Antje Kosemund, geb. 1928, erinnert an ihre Schwester Irma Sperling, die 1933 im Alter von drei Jahren wegen einer geistigen Behinderung, gegen den Willen ihrer Eltern, in die Alsterdorfer Anstalten eingewiesen wurde. Von dort wurde sie 1943 im Rahmen des Euthanasie-Mordprogramms der Nationalsozialisten nach Wien verschleppt. Dort wurde sie im Alter von 14 Jahren zu Tode gebracht. Antje Kosemund engagiert sich seit Jahrzehnten in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA). Die Geschichte ihrer Schwester hat Antje Kosemund seit den frühen 1980er Jahren ans Tageslicht gebracht, ebenso den Umstand, dass die Gehirne von Irma und ihren Leidensgenossinnen noch in den 1990er Jahren in Wien in einer „Gehirnkammer“ zur Schau gestellt waren. Ihr Buch „Sperlingskinder“ ist gerade in einer neuen Ausgabe erschienen und kann bei der Veranstaltung erworben werden.
Salomo A. Birnbaum und sein Wirken für Jiddisch in Hamburg
Samstag, 14 - 15 Uhr und 16- 17 Uhr Ausstellung, Lesung, Spielszenen
Universität Hamburg, Edmund-Siemers-Allee 1 (Foyer), 20146 Hamburg- Rotherbaum
Der Sprachwissenschaftler Salomo A. Birnbaum (1891-1989) hatte ab 1922 an der Hamburger Universität den ersten Lehrauftrag für Jiddistik in Westeuropa inne. In der Zeit lebte er mit seiner Familie im Grindelviertel. 1933 emigrierte er unter Druck des NS-Regimes nach England. Mitglieder der Salomo-Birnbaum-Gesellschaft für Jiddisch e. V. stellen Leben und Wirken Birnbaums in Kooperation mit der Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte der Universität Hamburg vor. Neben einer Lesung und Ausstellung zu Salomo A. Birnbaum und über das einstige jüdische Leben im Grindelviertel gibt es spielerische Einblicke in die Sprache Jiddisch.
Steffi Wittenberg, geb. Hammerschlag ging hier zur Schule
Samstag, 15 Uhr Bericht & Ausstellungsführung
VHS-Gedenk- und
Bildungsstätte Israelitische Töchterschule, Karolinenstraße 35, 20357 Hamburg- Karolinenviertel
Als jüdisches Kind musste Steffi Wittenberg (1926-2015), geb. Hammerschlag, die Jahnschule verlassen. Sie ging ab 1935 in die „Israelitische Töchterschule“ in der Karolinenstraße. Im Dezember 1939 gelang ihr mit ihrer Mutter die Ausreise nach Uruguay. Seit 1948 lebte sie in den USA. 1951 musste Steffi Wittenberg mit ihrem Ehemann Kurt wegen ihres politischen Engagements die USA verlassen und kehrte nach Hamburg zurück. Hier war sie bis zu ihrem Tod eine engagierte Zeitzeugin. In der ehemaligen Töchterschule berichtet ihr Sohn Andreas Wittenberg über ihr Leben. Die Veranstaltung ist mit einer Kurzführung durch die VHS-Gedenk- und Bildungsstätte Israelitische Töchterschule verknüpft.
Hier lebte Sophie Jansen: Landwirtin, Schriftstellerin und fürsorgliche Armenpflegerin
Samstag, 15 Uhr Bericht & Gespräch
Blankeneser Hauptstraße 56, 22587 Hamburg- Blankenese
Als Landwirtin war Sophie Rahel Jansen gescheitert. Doch ihre Bücher über Irren und Wirren als Gutsherrin und Mutter bescherten ihr literarischen Ruhm. Vor ihrem ehemaligen Wohnhaus erinnert Prof. Friedemann Hellwig vom Verein zur Erforschung der Geschichte der Juden in Blankenese an die zur lokalen Berühmtheit gewordene Schriftstellerin. Die christlich getaufte Jüdin hatte ein bewegtes Leben: Von der Cholera-Epidemie geprägt, wurde sie Pionierin des neu gegründeten Armenwesens und neben hunderten von Männern erste öffentliche Armenpflegerin Hamburgs. Als Jüdin wurde sie nach 1938 ihres Vermögens beraubt. 1942 erhielt die 80-Jährige Hamburgerin einen Deportationsbefehl. Zwei Tage vor dem Termin nahm sich Sophie Rahel Jansen hier in ihrem Wohnhaus das Leben.
Sonntag, 7. Mai 2023
Erinnerung an die Ärztin Rahel Liebeschütz-Plaut
Sonntag, 11 Uhr Vortrag
Eingang Hansa Ruderclub, Schöne Aussicht 39, 22085 Hamburg- Uhlenhorst
Rahel Liebeschütz-Plaut war 1923 die erste habilitierte Ärztin an der Medizinischen Fakultät in Hamburg. 1938 emigrierte die jüdische Ärztin gezwungenermaßen nach Großbritannien. Mit ihren Geschwistern fuhr sie gern mit dem Kanu zum Uhlenhorster Fährhaus. Dort sangen sie die Lieder der Konservativen mit, nicht merkend, dass sich die Inhalte auch gegen sie als Juden richteten. In der Nähe wohnte auch ihre christliche Freundin Elisabeth Tietgens, die Erich Marcks heiratete, der zu den Männern gehörte, die Adolf Hitler unterstützen Trotzdem blieben die beiden Freundinnen. Dr. Doris Fischer-Radizi erinnert an die Ärztin Rahel Liebeschütz-Plaut.
Erinnerung an Henriette und Philipp Lehmann: Zeitzeugingespräch mit Marianne Wilke
Sonntag, 11 Uhr Bericht & Gespräch
Buchladen Osterstraße, Osterstraße 171, 20255 Hamburg- Eimsbüttel
Marianne Wilke berichtet über das Leben ihrer Großeltern Philipp und Henriette Lehmann, die zuletzt im Hellkamp 31, um die Ecke der Osterstraße 171, lebten. In einem Güterwagen wurde das Ehepaar 1941 im Alter von 65 und 61 Jahren mit mehr als 750 Hamburger Juden und Jüdinnen in das KZ Jungfernhof bei Riga deportiert und dort ermordet.
Marianne Wilke wird auch darüber berichten, was die Familiengeschichte für ihr eigenes Leben bedeutet hat und welche Erfahrungen sie als sogenannte Halbjüdin gemacht hat. An Henriette und Philipp Lehmann erinnern heute vor dem Haus im Hellkamp 31 zwei Stolpersteine.
Eine Veranstaltung des Auschwitz- Komitees in Kooperation mit dem Buchladen Osterstraße.
Arie Goral: Erinnerung an einen Aktivisten gegen das Vergessen. Sonntag, 11 – 13 Uhr Erzählung, Lesung & Gespräch Kulturladen Hamm, Sievekingdamm 3, 20535 Hamburg- Hamm Walter Lovis Sternheim verließ Deutschland 1933. Seine Mutter Frieda wurde nach Riga deportiert und dort ermordet. Er erfand sich in Israel neu und nannte sich Arie Goral. Arie heißt Löwe, Goral Schicksal. Als Arie Goral wurde der Maler, Lyriker und Aktivist nach seiner Rückkehr nach Hamburg bekannt. Sein Wegbegleiter Michael K. Nathan erinnert mit Fotomaterial an den Intellektuellen, der von der „Zeit“ „Unruhestifter gegen das Vergessen“ genannt wurde und nach dem in Hamburg ein Platz benannt ist. Andreas Lübbers liest Texte von Arie Goral. Eine Kooperation des Kulturladens und Stadtteilarchivs Hamm & der Bürgerinitiative Hamm’se Zivilcourage.
„…das Gebäude, das ich mit mir nach Südamerika getragen hatte“. Die Bedeutung von (Erinnerungs-)Orten im Exil
Sonntag, 13 – 14:30 Uhr Rundgang
Start des Rundgangs: Ehemaliger Tempel in der Oberstraße 120, 20149 Hamburg-Harvestehude
Diejenigen, die vor den Nationalsozialisten ins Exil flohen, konnten oft nur wenig mitnehmen. Neben den Koffern oder dem Lift mit Umzugsgut waren es vor allem Erinnerungen an ihr früheres Leben, die sie in die neue Heimat begleiteten. Erinnerungen an Verwandte, Freunde und Arbeitskollegen oder auch Erinnerungen an Orte, wie die eigene Wohnung, die Schule, eine bestimmte Straße. Welche Rolle diese (Erinnerungs-) Orte im Exil für die Emigrierten und ihre Familien spielen konnten, möchten wir an einigen ausgewählten Beispielen verdeutlichen und geben uns dazu auf eine kleine Spurensuche vom ehemaligen Tempel in der Oberstraße (mit Besichtigung des Rolf-Liebermann-Studios des NDR) bis zum Klosterstern.
Rundgang mit Dr. Anna Menny und Dr. Björn Siegel.
Um Anmeldung bis zum 4.5. wird gebeten unter: schluesseldokumente@igdj-hh.de
Die Veranstaltung basiert auf der Online-Ausstellung „Nichts. Nur fort! Flucht und Neuanfang in Buenos Aires, Montevideo und Sao Paulo“.
Kurt van der Walde – ein Eppendorfer im Widerstand
13 Uhr Erzählung & Gespräch
Kunstklinik, Blauer Salon, Martinistraße 44a, 20251 Hamburg- Eppendorf
Norma van der Walde erzählt von ihrem Vater, der in der Haynstraße aufwuchs und sich einer Widerstandsgruppe anschloss, die 1936 denunziert wurde. Er überlebte zweieinhalb Jahre KZ-Haft und konnte anschließend nach England entkommen. 1946 kehrte Kurt van der Walde mit seiner Frau und Tochter nach Hamburg zurück und wurde Gymnasiallehrer. Nach seiner Pensionierung engagierte er sich als Zeitzeuge und berichtete bei alternativen Stadtrundfahrten, in Schulklassen und auf Gedenkveranstaltungen von seinen Erfahrungen im Widerstand und der Verfolgung.
Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Geschichtswerkstatt Eppendorf.
Jüdischer Tempel und Wohnort zugleich: Mathilde Zuckermann und die Poolstraße 12-14
Sonntag, 14 Uhr Präsentation & Gespräch
Hof Poolstraße 12-14, 20355 Hamburg- Neustadt
Im März werden vor der Tür der Poolstraße 12 Stolpersteine verlegt für Chaim Moses Zuckermann, Liba Zuckermann geb. Majteles, Ruchla Zuckermann und Miriam Zuckermann. Auch die Vorderhäuser der Poolstraße, in deren Hof der israelitische Tempel stand, gehörten der liberalen Gemeinde. Haus Nr. 12 der Vorderhäuser ist zugleich der letzte Wohnort von Mathilde Zuckermann, geb. Elias (1905- 1940). Sie wurde 1939 in ein Versorgungsheim aufgenommen und 1940 in der Tötungsanstalt in Brandenburg an der Havel ermordet. Michael Batz, Miriam Rürup und Ingo Wille stellen den geschichtsträchtigen Ort vor und erinnern an den Lebensweg von Mathilde Zuckermann und an andere Bewohner*innen.
Hier spielten Käthe und Wally Henschel Schach
14:00 Uhr Vortrag und Gespräch
Hamburger Schachklub (HSK) von 1830 e.V., Klubheim, Schellingstraße 41, 22089 Hamburg- Eilbek
Die Zwillinge Käthe und Wally Henschel waren ungewöhnlich begabte Schachspielerinnen. 1931 belegten sie für den HSK noch Platz eins und zwei bei den Groß-Hamburger Schachmeisterschaften, vor der männlichen Konkurrenz. Doch nach der Machtübergabe an die NSDAP 1933 mussten sie den Verein verlassen und schlossen sich einem jüdischen Sportklub an. 1938 flohen sie in die USA. Die Historikerin Frauke Steinhäuser stellt die Lebensgeschichten der beiden Schwestern vor, deren Großnichte wird auch an der Veranstaltung teilnehmen und von ihren Erinnerungen an beide erzählen. Am HSK-Klubheim erinnert eine Tafel an ehemalige jüdische Mitglieder des Vereins.
Wir bitten um Anmeldung unter: denkmalamort@gmail.com
„WAS MACHT DIE WELT IN DER WIR ZUHAUSE SIND?“ – Lesung aus dem Briefwechsel der Familie Lüders
Sonntag, 15 Uhr Lesung & Kommentar
Galerie Morgenland/ Geschichtswerkstatt
Eimsbüttel, Sillemstraße 79, 20257 Hamburg- Eimsbüttel
Walther
Lüders, seine Frau Lina und ihr Sohn Axel waren während des zweiten Weltkrieges getrennt. Walther war als Widerstandskämpfer im Konzentrationslager inhaftiert, Lina wohnte in Hamburg, und ihr
Sohn Axel befand sich an der Front. In dem als Buch vorliegenden Briefwechsel "Was macht die Welt in der wir zuhause sind?" finden sich drei äußerst unterschiedliche und eindrückliche historische
Perspektiven. Der Autor Andreas Münzer, die Schauspielerin Iris Bettina Kaiser und der Schauspieler Tom Keidel lesen von dem Historiker und Mitherausgeber Herbert Diercks sowie dem Enkel und
Sohn Marc Lüders neu kuratierte Passagen aus dem Buch. Herbert Diercks kommentiert.
Die Brüder Werner, Rudolf und Ernst Stender lebten hier
Sonntag, 16- 17 Uhr Rundgang
Gertigstraße 56, 22303 Hamburg- Winterhude
Im Namen von Ruth Stender wird an ihren Vater Werner Stender und seine Brüder Rudolf und Ernst Stender erinnert, die im kommunistischen Widerstand gegen das NS-Regime kämpften. Beruhend auf den Erzählungen und Briefen ihres Vaters Werner schrieb Ruth Stender das Buch „Gertigstraße 56“, das eine Schilderung der Vergangenheit und zugleich eine Warnung für die Zukunft ist. Alexa Vaagt lädt ein zum Erinnerungs-Rundgang durch Winterhude.
Wir bitten um Anmeldung unter: alexa.vaagt@gmail.com