FAMILIE SALOMONS

Mina und Arnold Salomons lebten mit ihren Kindern Dagobert und Hanna in Frankfurt in der Karl-Albert-Straße 33. Dagobert gelang als einzigem der Familie 1938 die Flucht nach Kolumbien. 

Nach intensiven Recherchen fanden die heutigen Hausbewohner Rosi und Edgar Reh die Tochter von Dagobert Salomons in Darmstadt und ihren Bruder in Banska Bystrica (Slowakei).

Arnold Salomons wurde als Sohn von David Salomons und Mietje, geb. de Jong, in Almelo in Holland geboren. Er hatte einen älteren Bruder Aron (Jg. 1869) und eine ältere Schwester Johanna (Jg. 1875). Er war deutscher Staatsbürger, da seine Eltern aus dem niedersächsischen Grenzort Neuenhaus, wenige Kilometer von Almelo, kamen. Seine Militärzeit absolvierte er als Infanteriesoldat beim Kaiser-Franz-Garderegiment in Berlin. Von 1914 bis 1918 nahm er als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Er war verwundet und ausgezeichnet worden. Nach Kriegsende ließ er sich in Frankfurt am Main nieder und heiratete dort 1919 Mina Löwenstein aus Bruchsal. Das Paar zog in die Savignystraße 75. Es hatte zwei Kinder: Dagobert und Hanna. Arnold Salomons arbeitete als Tabakagent für deutsche und holländische Tabakfabriken. 

Arnold Salomons, 1937                                                 Mina Salomons

Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten begannen die finanziellen Probleme der Familie: Sie musste für den Hauskauf geliehenes Geld zurückzahlen. Der Tabakhandel reichte gerade, um den Lebensunterhalt der Familie zu bestreiten. Die ganze finanzielle Situation und die Verfolgung belasteten Mina so, dass sie in eine schwere Depression verfiel. Ab Herbst 1936 lebte sie deshalb in der Nervenheilanstalt Herborn. Hier verschlimmerte sich ihr Leiden so, dass sie im Mai 1937 starb. Es ist zu vermuten, dass ihr Tod auch durch eine gezielte Vernachlässigung verursacht wurde. Sie wurde auf dem Jüdischen Friedhof an der Eckenheimer Landstraße beerdigt. 

Wegen der finanziellen Schwierigkeiten der Familie, bedingt auch durch die Krankheit der Mutter, musste Dagobert im April 1936 das Gymnasium verlassen. Er begann eine kaufmännische Lehre in der Firma Gummiwerk Odenwald in der Mainzer Landstraße. Durch den Zwangsverkauf der Firma 1938 musste er seine Ausbildung abbrechen. Im Juli 1938 konnte Hanna mit einem Geschäftsfreund nach Holland geschickt werden, um ihr eine berufliche Zukunft zu sichern. Dagobert flüchtete im Oktober 1938 nach Kolumbien. 

Dagobert Salomons                                                 Hanna Salomons

Arnold Salomons blieb nun allein in dem Haus zurück. Während der Novemberpogrome fand er zunächst Zuflucht bei seinem Freund Josef Bilz in Bernbach. Bei seiner Rückkehr nach Frankfurt fand er sein Haus geplündert und zerstört. Er wurde kurze Zeit später verhaftet und ins KZ Dachau eingeliefert, wo er die Häftlingsnummer 25670 hatte. Nach seiner Entlassung flüchtete er Anfang 1939 nach Holland. Dort wollte sich Lilly Goldschmidt, eine enge Freundin und Nachbarin aus Frankfurt, die inzwischen ein Visum für die USA bekommen hatte, am 13. Mai 1940 in Rotterdam auf der Veendam nach New York einschiffen. Doch nach der Besetzung Hollands durch die Deutschen am 10. Mai und der Bombardierung von Rotterdam konnte kein Schiff mehr auslaufen und Lilly blieb bei Arnold Salomons.

Arnold Salomons und Lilly Goldschmidt zogen nach Almelo zu Arnolds Schwester Johanna van Coevorden und ihrer Familie, nach einiger Zeit weiter in das Haus der deutsch-holländischen Emigrantenfamilie Latterman aus Offenbach. Hanna Salomons lebte in einer anderen Stadt, machte dort einen Kurs in Orthopädie und war Pflegerin bei einer holländischen Familie. Sie wollte über Belgien in die Schweiz entkommen, wurde jedoch in Belgien verhaftet, deportiert und ermordet. Im August 1942 bekam Arnold Salomons wie auch andere jüdische Männer in Almelo den Befehl zum Transport in das Lager Nimspet. Er und Lilly Goldschmidt beantragten in Almelo eine Heiratserlaubnis. Im September 1942 wurde Lilly Goldschmidt verhaftet und nach Westerbork gebracht. Einige Tage später kam auch Arnold Salomons dort an, am 6. Oktober 1942 wurden beide in Westerbork standesamtlich getraut. „Es gab keinen Stuhl, auf dem man sitzen konnte, nichts zu Essen außer einer Gefangenen-Ration“, beschrieb Lilly später ihre Hochzeitsfeier. In Westerbork waren sie in unterschiedlichen Bereichen des Lagers untergebracht. Da Arnold Salomons Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs war und als solcher mit seiner Ehefrau zu den sogenannten Privilegierten gehörte, wurden beide anstatt in ein Vernichtungslager nach Theresienstadt deportiert. Dort waren Lilly und Arnold Salomons in getrennten Baracken untergebracht, konnten sich aber häufig treffen.

Arnold Salomons wurde mit dem letzten Transport nach Auschwitz deportiert. Arnolds Bruder Aron Salomons starb 1943 im Jüdischen Krankenhaus in Amsterdam, dessen Frau Emma wurde 1943 in Auschwitz ermordet. Seine Schwester Johanna und ihr Ehemann Julius van Coevorden wurden nach Sobibor deportiert und ermordet. Deren Tochter Johanne wurde 1944 nach Neuengamme deportiert und gilt als verschollen. Ihr Bruder Jonas Joel van Coevorden und seine Frau Selma, geb. Meier, sowie die 6-jährige Tochter Leonore wurden von Westerbork nach Sobibor deportiert und dort ermordet.

(c) Rosi und Edgar Reh