FRANKFURT Programm am 1. und 2. April 2023
2 Tage - 8 Veranstaltungen
Samstag, 1. April 2023
Auf Spuren jüdischen Lebens im „Diplomatenviertel“
Treffpunkt: Zeppelinallee 47 60487 Frankfurt- Bockenheim
Samstag, 10-11.30 Uhr Rundgang
Ein Rundgang zur Erinnerung an Frankfurter*innen im „Diplomatenviertel“. Die Ortsbegehung beginnt in der Zeppelinallee 47 vor der Villa Herxheimer, die 1911 für Prof. Dr. med. Karl Herxheimer gebaut wurde, einen führenden Dermatologen seiner Zeit und Mitbegründer der Universität in Frankfurt.
Als 80-jähriger wurde der Medizinalrat nach Theresienstadt deportiert. Die Spurensuche endet an der Frauenlobstraße. Hier im „Diplomatenviertel“ lebten bis 1938/39 viele jüdische Frankfurter*innen. Von deren Leben und Wirken erzählt die Geschichts- wissenschaftlerin Dr. Cilli Kasper-Holtkotte.
Die Villa 102: Ein Gebäude als Zeitzeugin
Bockenheimer Landstraße 102 60323 Frankfurt- Westend
Samstag, um 11 und 14 Uhr Führung
Dr. phil. Albert Sondheimer zog 1918 mit seiner Frau Margarete und den vier Töchtern Auguste, Ellen, Erna und Anna in die Villa Bockenheimer Landstraße 102 ein. Ein Hausbesuch in der Villa ermöglicht Einblicke in das Architekturdenkmal von 1912 und erzählt die Geschichte der Familie Sondheimer, die 1932 Deutschland verlassen musste. Die über hundertjährige bewegte Chronik der Villa 102 zeugt vom groß- bürgerlichen Frankfurter Westend und jüdischem Leben in Frankfurt, aber auch von Vertreibung und Enteignung während der Zeit des Nationalsozialismus.
Anmeldung unter: www.kfw-stiftung.de/veranstaltungen
„Meinen Freunden zum Abschied” Erinnerung an Ernst Ludwig Oswalt
Kino Mal Sehn, Adlerflychtstraße 6 60318 Frankfurt- Nordend
Samstag, 13 Uhr Filmvorführung & Gespräch
Ernst Ludwig Oswalt (1922-1942) war Schüler der Musterschule und Leiter der Jugendarbeit in der Evangelischen Sankt Petersgemeinde. Von den Nationalsozialisten als Jude verfolgt, verfasste er am Tag vor seiner Deportation einen Brief an seine Freunde. “Meinen Freunden zum Abschied” heißt auch der 80-minütige Dokumentarfilm des Frankfurter Filmemachers Heiko Arendt über Ernst Ludwig Oswalt, der gezeigt wird.
Zum anschließenden Gespräch mit Heiko Arendt reist Ernst Ludwig Oswalts Nichte Ruth Oswalt aus Basel an.
Boykottiert – „Arisiert“ – Enteignet - 90 Jahre Aprilboykott 1933
Treffpunkt: Vor dem Café Hauptwache Ostseite Platz an der Hauptwache
60313 Frankfurt- Innenstadt
Samstag, 14 - 15.30 Uhr Stadtgang über die Zeil
Bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts waren zahlreiche Kaufhäuser auf der Frankfurter Zeil in jüdischem Besitz. Mit dem Aprilboykott am 1. April 1933, an einem Samstag vor 90 Jahren, begann eine systematische Kampagne des NS-Staates gegen die jüdischen Geschäftsinhaber. Sie wurden boykottiert, unter Druck gesetzt, kriminalisiert und zum Verkauf ihrer Geschäfte gezwungen. Der Stadtgang über die Zeil macht die Geschichte einiger Kaufhäuser und die Lebenswege der Geschäftsinhaber und ihrer Familien erfahrbar.
Anmeldung unter: Angelika.rieber@t-online.de
Ein ehemaliges "Ghettohaus" öffnet seine Türen: Hier wohnte die Familie Stern
Kantstraße 6, 60316 Frankfurt Nordend- Ost
Samstag, 15 Uhr Ausstellung & Gespräch
Selma und Seligmann Stern lebten mit ihrer Tochter Elfriede, die 1935 nach Palästina emigrieren konnte, in der Kantstraße 6. Nach dem Wegfall des Mieter- schutzes für jüdische Mitbürger*innen wurde das Haus zu einem der ca. 300 „Ghettohäuser“, in das jüdische Familien zwangsweise einquartiert wurden.
Mit einer Treppenhaus-Ausstellung vom Parterre bis zum 4. Stock wird mit Fotografien, Dokumenten und biographischen Notizen an Familie Stern und die 32 Menschen, die hier lebten, erinnert. Die heutigen Hausbewohner*innen laden Sie ein, einzutreten und mehr über die wechselvolle Geschichte des Hauses zu erfahren.
Der Rechtsanwalt Dr. Julius Meyer schrieb im Exil über die November-Pogrome
Autorenbuchhandlung Marx & Co Grüneburgweg 76, 60323 Frankfurt- Westend-Nord
Samstag, 16 Uhr Lesung
Der Rechtsanwalt und Notar Dr. Julius Meyer lebte während der November-Pogrome 1938 im Grün- eburgweg. 1940 schrieb er im Londoner Exil über das Erlebte. In seinem Bericht erzählt er von der willkür- lichen Festnahme in seiner Frankfurter Wohnung, der Busfahrt zur Festhalle, den Schikanen und Demüti- gungen an diesem gefängnisgleichen Sammelplatz bis hin zum Transfer an den Südbahnhof. Von dort fuhren die Züge mit etwa 3.000 als Juden verfolgten Frankfurter*innen im Alter von 18 bis 60 Jahren in die Konzentrationslager Buchenwald und Dachau ab. Jochen Nix liest aus Dr. Julius Meyers Zeitzeugenbericht eindringliche Auszüge über dessen Verhaftung.
Sonntag, 2. April 2023
Aus dem Altenheim vertrieben - Elise Hofmann und ihre
Mitbewohner*innen
Café Anschluss, Hansaallee 150, 60320 Frankfurt- Dornbusch
Sonntag, 11.30 Uhr Vortrag & Gespräch
Die Witwe Elise Hofmann geb. Bloch war eine der ersten Bewohner*innen der von der Henry und Emma Budge Stiftung 1930 fertiggestellten Senio- renresidenz in der Hansaallee 146. Die Schwestern Karen und Connie Levi reisen aus den USA an, um ihrer 1942 in Treblinka ermordeten Urgroßmutter Elise Hofmann zu gedenken. Bis 1939 wurden alle jüdischen Bewohner*innen aus ihrem vermeintlichen letzten Ruhesitz vertrieben.
Über die bewegte Geschichte des Hauses, dessen Gebäude zu den Ikonen der Frankfurter Bauhausarchitektur gehört, spricht die Historikerin Dr. Gudrun Jäger. Heute befindet sich hier die Grünhof im Park Residenz.
Doppel-Grab ohne Inschrift: Erinnerung an Siegmund und Rosette Una & Familie
Jüdischer Friedhof, Rat-Beil-Straße 10 60320 Frankfurt- Innenstadt
Sonntag, 14 Uhr Vortrag & Gespräch
Am Grab von Rosette &
Siegmund Una erzählt Peter Lobbenberg, der als Verwandter aus London anreist, die Geschichte der Familie Una. Die Historikerin
Christine Hartwig-Thürmer ergänzt seinen Bericht um ihre Recherchen zu der weit verzweigten Familie Una-Buseck-Fraenkel- Dreyfuss- Deutz, jüdische Frankfurter*innen, denen die
Natio- nalsozialisten erst alle Rechte, dann Eigentum und Leben, und letztlich mit der Entfernung der Inschrift auf ihrem Grabstein auch noch die Erinnerung an sie nahmen. Majer
Szanckower, Verwalter der jüdischen Friedhöfe in Frankfurt, gibt Einblicke in jüdische Begräbniskultur und die Geschichte des
Friedhofs.
Die Erinnerung findet im Freien statt. Männer sind aus rituellen Gründen gebeten, Kopfbedeckung zu tragen.